Der Titel verrät es schon, beim Fliegenfischen auf Meerforellen kann man über das ganze Jahr verschiedene Typen von Meerforellen fangen, was daran liegt, dass diese Fische durch ihren Laichvorgang im Süßwasser flexibel sein müssen und verschiedene Lebensstadien durchlaufen.
Das folgende Wissen ist für alle Neueinsteiger wichtig, aber vielleicht kann auch der ein oder andere Experte neues Wissen erlangen, denn gerade bei den empfindlichen Meerforellen ist es besonders wichtig, bedacht und nachhaltig bei der Fischerei und Entnahme zu handeln.
Smolts
In diesem Bericht wird chronologisch vorgegangen, daher beginnen wir mit den sogenannten „Smolts“. Meerforellen laichen bekanntlich im Süßwasser, dementsprechend verbringen die frisch geschlüpften Fische ihre erste Lebenszeit im Fluss. Nach einiger Zeit bewegen sich diese aber in ihren „Hauptlebensraum“, in unserem Falle wohl meistens in die Ostsee. Gerade in der Nähe von Süßwassereinläufen findet man im Frühjahr gelegentlich diese Smolts, das sind „Babyforellen“, die in der Regel etwa 10-20cm groß sind und oft in großen Schwärmen anzutreffen sind. Findet man so einen Schwarm, so sollte man den Spot wechseln und nicht weiter Miniforellen fangen, denn mal ehrlich, selbst mit Einzelhaken kann man Schaden anrichten und 15cm Forellen kann man besten Gewissens in Ruhe lassen. Glücklicherweise halten sich diese Schwärme aber meist sehr lokal auf, also reicht es in den allermeisten Fällen schon 50 oder 100m weiter zu gehen.
Grönländer
Die nächstgrößere Version der Meerforellen nennt man Grönländer. Fische dieser Bezeichnung sind in der Ostsee meist 30-45cm groß und auch häufig in Schwärmen anzutreffen. Findet man einen solchen Schwarm kann sich Ausdauer bezahlt machen, denn in diesen Schwärmen sind oft auch größere Fische unterwegs, allerdings nicht immer. Diese Fische waren bisher noch nicht laichen, stehen kurz vor der Geschlechtsreife, aber sollte man einen Fisch mitnehmen wollen, bietet sich die obere Größengrenze der Grönlander gut zum Verzehr an, denn oft sind diese richtig rundgefressen. So kann an einer kugelrunden 47cm Forelle „mehr dran sein“ als ein einer schlanken 50er.
Aufsteiger
Hat die Meerforelle eine Größe von etwa 50cm erreicht, so wird sie sich das erste Mal ins Süßwasser zum Laichen begeben. Aufsteiger sind daher meist mindestens 50cm groß, nach oben ist dabei aber keine Grenzen gesetzt. Diese Fische bereiten sich auf das Laichgeschäft vor und sind meist im Spätsommer und Herbst an der Küste zu finden. Sie zeichnen sich durch eine goldene, teils bräunliche bis schwarze Färbung, sowie eine dickere Schleimschicht aus und sollten unbedingt zurückgesetzt werden, da sie kurz vor dem Laichen stehen und kein kulinarischer Höhepunkt sind. Es gibt immer wieder Diskussionen darüber, dass es egal sei, wann ein Fisch entnommen wird, denn tot sei tot, egal ob im April als Blankfisch oder im Herbst als Aufsteiger entnommen. Fakt ist aber auch, dass die Wahrscheinlichkeit des erfolgreichen Ablaichens bei einer braunen Meerforelle unmittelbar vor dem Laichgeschäft einfach größer ist, als bei einer blanken Frühjahrsforelle, die erst einmal weitere sechs Monate überstehen muss, ohne dabei im Fischernetz oder einer Robbe zu landen.
Absteiger
Hat die Meerforelle abgelaicht, kommt diese im Winter und Frühjahr zurück ins Salzwasser und ist nun ein sogenannter „Absteiger“. Man sieht diesen Fischen das anstrengende Laichgeschäft normalerweise an, denn diese Fische sind dünn, haben oft diverse Blessuren wie kaputte Flossen oder Wunden und sind im Drill meist sehr „lahm“. Bei der Färbung muss man etwas aufpassen, denn einige Absteiger scheinen schon wieder silber zu sein und könnten bei nicht genauer Betrachtung auch als Blankfische druchgehen. Hierbei lohnt ein Blick auf die Flossen, denn diese benötigen oft etwas länger zum abheilen. Auch haben Absteiger, im Gegensatz zu Blankfischen und Überspringern, keine losen Schuppen. Achtung: Die hier aufgezählten Merkmale können alle zutreffen, manchmal passt aber auch keines so richtig. Die richtige Einordnung erfordert einiges an Erfahrung und selbst nach Jahren ist man sich nicht immer sicher. Das eindeutigste Merkmal ist häufig die Kondition und Fitness des Fisches.
Auch diese abgelaichten Fische sind häufig an Süßwassereinläufen zu finden, allerdings nicht ausschließlich. Auch hier gilt: Bitte unbedingt schonend zurücksetzen! Diese Fische sind kaum genießbar, ein Abschlagen wäre hier also für niemanden ein Gewinn. Das Fotografieren von Absteigern ist ein vieldiskutiertes Thema und häufig hagelt es Kritik. Wir sehen das etwas anders, denn mal ganz ehrlich, man kann sich auch tierisch über einen großen Absteiger freuen, denn solch eine große Forelle sieht man sicherlich nicht jeden Tag. Dennoch sollte man natürlich nicht gezielt vor Aueinläufen auf diese Fische angeln, hängt aber doch mal einer am Streamer, dann steht einem schnellen Erinnerungsfoto nichts im Wege, vorausgesetzt man handelt so, dass ein Zurücksetzen auch funktioniert, das heißt den Fisch im Wasser fotografieren oder nur kurz aus dem Wasser haben und nicht vorher am Strand im Sand panieren. Aber das sind Faktoren, die bei jedem zurückgesetzten Fisch eingehalten werden sollten und nicht nur für Absteiger gelten. Unserer Meinung nach bietet sich hier ein großer gummierter Kescher an, da zum einen der Drill möglichst kurz gehalten wird und man den Fisch, solange man beispielsweise eine Zange zum Hakenlösen herausholt, im Wasser halten kann. Wir sind ganz sicher keine Moralapostel, aber in letzter Zeit häufen sich doch die „Hero-Shots“ mit eindeutigen Absteigern von „Profis“, teils mit entnommenen Fischen. Jeder ist für sein Handeln selbst verantwortlich und muss mit sich selbst im Reinen sein, allerdings ist es kein Geheimnis, dass es nicht schwierig ist, Absteiger zu fangen und man doch in Frage stellen muss, ob man den zehnten Absteiger am Angeltag nun auch noch in die Kamera drücken muss. Man fängt diese Fische unvermeidlich und gerade im frühen Frühjahr kann man an Küstenabschnitten, an denen sich gerade viele Absteiger aufhalten, auch Überspringer fangen. Und für Einsteiger und Fortgeschrittene ist die Freude selbstverständlich komplett berechtigt und nachvollziehbar.
Blankfisch und Überspringer
Der Traum eines jeden Meerforellenanglers ist der sogenannte „Überspringer“. Dies sind Fische, welche das Laichgescäft überspringen, also nicht ins Süßwasser schwimmen und sich dementsprechend den ganzen Winter fett fressen können. Die besten Chancen auf diese Fische hat man wohl im Winter und Früjahr. Erkennen kann man Überspringer an einer guten Kondition, einem völlig silbernen Körper und losen Schuppen. Hier steht einer Entnahme nichts im Wege, wir möchten trotzdem sagen: Maß halten! Wenn man keinen Platz mehr in der Gefriertruhe hat oder seine Meerforellen an alle entfernten Bekannten und Arbeitskollegen*innen weitergeben muss, weil man selbst schon morgens, mittags und Abends Meerforelle isst, dann solle man sein Handeln vielleicht mal überdenken.
Fjord- und Sommerforellen
Im Sommer und in den Fjorden Dänemarks fängt man häufig goldene oder angestaubte Meerforellen, welche nicht mit Aufsteigern verwechselt werden sollten, auch wenn eine gewisse Ähnlichkeit besteht. In den Fjorden sind oft Meerforellen anzutreffen, welche das ganze Jahr über dort bleiben und auch im Winter nicht „richtig silber werden“, unserer Erfahrung nach sind das meist Fische bis etwa 50cm. Diese Unterscheidung zu beschreiben ist ziemlich schwierig und das Einordnen in die entsprechende Kategorie ist mehr oder weniger Erfahrung. Als Faustregel kann man aber sagen: Ab Mitte September sind braune Fische an der offene Küste in den allermeisten Fällen Aufsteiger und keine Sommerforellen.
Abschließende Worte
Wir sind keine Moralapostel, aber dennoch an einer nachhaltigen Fischerei interessiert. Jeder kann beim Fischen seine eigenen Entscheidungen treffen, aber unserer Meinung nach gehört es zum guten Ton und ist auch im Interesse aller Meerforellenangler, auch außerhalb der gesetzlichen Schonzeiten, Auf- und Absteiger schonend zurückzusetzen. Wichtig ist dabei der Begriff schonend, hat man jedoch einen Kumpel dabei, der ein schnelles Erinnerungsfoto schießen kann, so steht dem nichts im Wege. Selbiges gilt auch für die Entnahme von Grönländern. Wenn man genau nachmessen muss, ob der Fisch jetzt 39cm oder 41cm hat und im schlechtmöglichsten Fall den im Sand panierten 39er Gröni zurücksetzt, kann man sich im Sinne der Bestandserhaltung auch sparen. Der dicke 45er Grönländer kann nämlich schon im nächsten Wurf einsteigen. Und ist man sich nicht sicher bei der Einordung: Im Zweifel für den Angeklagten. Selbst wenn der Fisch gut geschmeckt hätte, das Zurücksetzen gibt dicke Punkte auf dem Überpringerkonto!
In diesem Sinne, Tight lines und viel Erfolg bei der geheimnisvollen und immer spannenden Meerforellenangelei, bei der pure Freude und reine Verzweiflung häufig sehr, sehr nah beieinander liegen.